Die seit 180 Jahren angenommene Existenz einer slawischen Burg Stuer mit üblicher Vorburgsiedlung im 12. Jahrhundert hat sich nicht bestätigt. (Die teils phantasierte Dorfgeschichte von Stuer). Hier Friedrich Lisch im Zentrum eines Geschichtsbastelbogens:
Der Name Stur-See (heute Plauer See) entstammt wahrscheinlich, wie viele europäische Gewässer, vorslawischen, vielleicht auch indogermanischen Sprachschichten. Von ihm wäre dann im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts der Ortsname Stuer abgeleitet worden.
(Zum Ortsnamen des Dorfes Stuer)
Stur… / Stuhr… / Stuer
Conradus de Sture als namentlich erwähnter, gar in Stuer burggesessener (deutscher) Ritter ist in Mecklenburg auch familiär nicht belegbar. (Die teils phantasierte Dorfgeschichte von Stuer).
Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Heinrich von Flotow, ein einflussreicher begüterter ortskundiger Funktionär des Fürsten, schon in den 1280er Jahren in Stuer einen Hof besessen. In diesem Zusammenhang hätte er auch die Aufsiedlung vor 1289 organisiert oder diese delegiert haben können. (Von den Anfängen des Dorfes Stuer)
Der Ort Stuer wurde wahrscheinlich im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts rund um die Kirche aufgesiedelt, so dass er 1289 mit Hufenverfassung erwähnt werden konnte. Ob die Turmhügelburg schon vor 1340, als schon eine Mühle existierte, gebaut worden war oder erst in Folge der Belehnung eines von Flotow, könnte nur eine Grabung erhellen. Damit entsteht die Frage, ob diese kleinere Burg wirklich zeitlich wesentlich früher als die größere Wasserburg entstanden ist. Sie könnte auch eine dorfnähere Filialburg gewesen sein oder einem Familienzweig gedient haben.
(Die erste Burg v. Stuer)
Nach 1332 hatten die Fürsten von Werle ein wieder erwachtes Interesse an der Sicherung des gefährdeten südlichen Grenzraumes und beförderten den Burgenbau (Turmhügel der Dörfer, Wasserburg Stuer und Burg Lenz) in besonderer strategischer Lage, was die Belehnungen 1340 und 1344 an die von Flotows zur Folge hatten. Infolge weiterer Destabilisierung der Werler Herrschaft erfolgte zehn Jahre später die Verpfändung des Landes Malchow an diese Familie.
(Von den Anfängen des Dorfes Stuer)
Die Wasserburg Stuer ließ die Familie von Flotow in der Mitte des 14. Jahrhunderts als Doppelmotte errichten.
Für einen Vorgängerbau der mittelalterlichen Burg in Stuer konnte auch in neuester Zeit kein Hinweis gefunden werden. (Die Wasserburg Stuer)
Die Lenzburg hatte 1387 bereits eine Flotowsche Burg als befestigten Vorgängerbau der landesherrlichen Anlage des 15.Jahrhunderts. (Die teils phantasierte Dorfgeschichte von Stuer).
Die Alte Landwehr zwischen Stuer und Darze wurde im 14., spätestens 15. Jahrhundert angelegt. Sie ist Teil eines Systems von gebauten und natürlichen Hindernissen zwischen Plauer See und Müritz zum Schutz der ehemaligen Länder Malchow und Röbel.
(Die Landwehr bei Stuer)
Im 12.Jh. gab es westlich der Müritz bis zur Jabeler Heide, an die südlich der Hornwald anschloß, eine nahezu geschlossene Waldfläche. Mit der Ostsiedelung setzte dann die große Waldrodungsperiode des Mittelalters ein. In der mit der Kolonisierung eingeführten Dreifelderwirtschaft waren die Bauern auf die Ausweitung der Ackerflächen angewiesen. Als Zusatz zur knappen Brache waren Waldweide und Eichelmast zur Viehernährung üblich. Neben Bauholz für Städte und Schiffe entstand großer Bedarf an Holz als Brennmaterial durch das Betreiben von Köhlereien, Waldglashütten, Kalköfen und Ziegeleien. Holzmangel versuchte man durch Torfabbau im Hochmoor, den Torfstichen Stuer, auszugleichen.
Nachdem die deutschen Siedler Wassermühlen eingeführt hatten, entstanden durch Eingriffe zur Wasserführung und durch Aufstau erste größere Eingriffe in die natürlichen Wasserverhältnisse. Später fanden verschiedene erfolglose Entwässerungsmaßnahmen des Stuerer Sees mit dem Ziel möglichst ganzjähriger Weidelandgewinnung statt. In den 1990er Jahren wurde beschlossen, das Seebecken wieder zu fluten und im standorttypischen Sinn wieder längerfristig zu stabilisieren. Durch diese Reparatur soll sich das Naturschutzgebiet wieder als Hochmoor entwickeln können. (Aufgezehrt: Wald-Wasser-Torf um Stuer)
Die erstmalige Erwähnung eines Pfarrers in Stuer im Jahr 1363 läßt auf das Vorhandensein eines Kirchengebäudes schließen.
Die heutige Altartafel der Kirche wurde um 1500, wahrscheinlich in einer Rostocker Werkstatt gefertigt.
Die spätgotischen Bildschnitzereien der Kreuzigungsgruppe, der Grablegung und die Tafelbilder der Flügel bilden die überlieferte Legende der letzten Stunden im Leben von Jesus Christus ab.
Die Tafelmalerei der beiden Flügel und der Predella waren verloren. Sie wurden deshalb im letzten Drittel des 17.Jahrhunderts im barocken Stil übermalt.
Die ebenso wohl weitgehend abhanden gekommenen Farbfassungen der plastischen Figuren in den zwei Reliefs wurden bei dieser Gelegenheit komplett bis zur Holzsichtigkeit abgenommen.
Diese Schnitzerei zeigt stilistische Verwandtschaft mit den Figuren im Schrein vom Hochaltar des Güstrower Doms.
Die Altartafel könnte bereits zu ihrer Entstehungszeit zusammengestellt und von Mitgliedern der Familie von Flotow für den Vorgängerbau der jetzigen Kirche angeschafft worden sein. Eine verewigte Stiftung deutet aber auch an, dass sie erst nach dem Dreißigjährigen Krieg in schlechtem Zustand erworben sein könnte. Restauriert und als zeitliche, stilistische und fragmentarische Montage wäre sie dann zunächst in der ehemaligen Feldsteinkirche in Stuer aufgestellt worden. (Bilderzählung, Herkunft und Veränderung der spätmittelalterlichen/ barocken Altartafel der Kirche von Stuer).
Besonders die landesherrliche Übertragung der Gerichtsbarkeit auf den Dorfadel brachte dessen Untertanen als Folge ungemessene Dienstverpflichtungen ein. Hinzu kam im 17. Jahrhundert eine fast zweihundert Jahre währende Leibeigenschaft. Das Kirchenpatronat ermöglichte den religiös überhöhten Status der Unabänderlichkeit patriarchalischer Dorfherrschaft. Mit dem Übergang der Grundherrschaft zur Gutswirtschaft wurde den ursprünglichen Erbzinsbauern in verschiedenen Schritten das Land entzogen. In Stuer verloren allein zwischen 1794 und 1832 acht von zehn Bauern ihr Land (Bauernlegen). Den Landlosen blieb zunächst allein die Perspektive, sich dem Gutsbetrieb als Tagelöhner oder „Gesinde“ zur Verfügung zu stellen. Mit dem Übergang von der Dreifelder-Schlag-Wirtschaft zur Koppelseparation entstanden für Wenige Vererbpachtungen, in Stuer letztendlich für zwei Bauern. Sie wurden mit weniger Land als vorher, das dem Gutsbesitzer auch weiterhin gehörte, am Rande der Feldmark mit minderwertigerem Boden angesiedelt. (Bauern und Adel im Dorf Stuer)
Er konnte durch Vergleiche mit Zeitungsmeldungen erkennen, daß sie nicht so extrem waren, wie in manchen anderen Gegenden Europas. Für die Ursachen hatte der Geistliche zunächst eigene Erklärungen. Jedenfalls hatte sich eine auffällige Abkühlung auf die Landwirtschaft, einschließlich der Tierhaltung und auf die Erträge ausgewirkt. Die Folge waren Teuerung, Verarmung und soziale Probleme, zumal in dieser Zeit von Krieg und auch von Mangel begünstigten Seuchen. Staatliche Institutionen und die einzelnen Bürger waren gefordert. Das Handlungsspektrum reichte von krisenverstärkendem Beklagen bis zum konstruktiven Anpacken. Die Ursachen eines solchen Kälteeinbruchs in dieser letzten Phase der sog. „Kleinen Eiszeit“ ist erst hundert Jahre später erkannt worden: Eine Serie von Vulkanausbrüchen hatte ihn mit beträchtlichen Einträgen von Asche in die Atmosphäre ausgelöst. Die dadurch verminderte Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche hatte im System der Klimaregionen ungleichmäßig verteilte Abkühlungen von 2 bis 4 Grad zur Folge. Von der unmittelbaren Vulkanumgebung abgesehen war das Problem der unwirtlichen Auswirkungen damals jedoch zeitlich begrenzt.
Im Umgang mit tödlich wirkenden Infektionen ergab sich im Verlauf des 18.Jahrhunderts ein Ausweg: Schutzimpfungen, in diesem Fall gegen Pockenviren.
Der Stuerer Pastor LEUE erkannte 1802 sogleich die von den Tücken der Natur befreiende Möglichkeit dieser Methode. Mit dieser ging er beispielgebend für seine Gemeinde voran, während Gutsbesitzer von FLOTOW Wachen anordnete, die zur Einhegung der Epidemie zwischen Dörfern Absperrungen überwachen sollten.
Die Regierung der mecklenburgischen Monarchie erließ später Gesetze. Darin wurden die zur Impfung Berechtigten und deren Dokumentationspflicht festgelegt. Eine jährlich zu wiederholende Impfpflicht für alle, einschließlich geforderter Nachweise, wurde 1817 eingeführt.
Zu den Wellen der Pockenepidemien kamen im gesamten Jahrhundert Cholerapandemien hinzu. In Mecklenburg wurde danach schon eine genauere epidemiologische Studie erstellt mit Vorschlägen zu deren Bekämpfung, die uns gegenwärtig vertraut klingen. ( Epidemien, Einschränkungen, Impfpflicht – Stuer/ Mecklenburg vor 200 Jahren – Stuer-Archiv )
Der ländliche Hausbau für einen Erbpachtbauern am Ende des ersten Drittels des 19.Jahrhunders war ein Fachwerkbau. Wahrscheinlich geschah der mit dörflicher Nachbarschaftshilfe. Ein Bauprotokoll des Pfarrhauses 25 Jahre vorher dokumentiert die Arbeitseinsätze der „Beichtkinder“ als Kirchendienst.
Die traditionelle Bauform bäuerlicher Wohn-Stallhäuser entwickelte sich zu Hoftypen mit Funktionstrennung. Befördert wurde das durch Empfehlungen des Landesherrn. Zimmermeister bezogen sich darauf und variierten ihre Planungen. Die Wiederverwendung von Baumaterial war dabei zum Teil üblich, hing aber ebenso wie die übrige Materialwahl auch vom sozialen Status ab. (Der Bau eines bäuerlichen Fachwerkhauses im Jahr 1832 in Stuer und seine heutige Rekonstruktion.)
Zwischen 1850 bis 1870 sind aus Stuer (1867: 450 Einwohner) mindestens 100 Menschen nach Nordamerika ausgewandert. Dabei sind auch ganze Familienzweige gleichzeitig oder zeitversetzt losgezogen. Sie folgten zum Teil Vorgängern, die Nachrichten über die Fahrt und angetroffene Möglichkeiten in die alte Heimat gesandt hatten. Gründe für die Auswanderung waren die „Regulierung“ der Bauernstellen, Missernten, die beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft und insgesamt der Wunsch der Untertanen im Ständestaat, die aussichtslosen Lebensbedingungen zu verbessern. Die meisten Mecklenburger reisten mit Segelschiffen, dann mit Dampfseglern ab Hamburg. Die Fahrzeit konnte von 43 Tagen auf später ca.14 Tage reduziert werden. Sie siedelten in den USA wesentlich im „Deutschen Dreieck“, zwischen Milwaukee, St. Louis und Cincinnati. Die indianischen Ureinwohner waren zu dieser Zeit bereits vertrieben. Als Arbeitskräfte aus dem landwirtschaftlichen Bereich hatten sie vorrangig ein Ziel: ein Stück Land als Eigentum, das sie bei tatkräftigem Einsatz ernähren konnte. Nach ihrer Lebenserfahrung in der feudalen Heimat sollte es jedenfalls kein Pachtland sein. (Aus Stuer in die neue Welt)
Die erste eindeutig dokumentierte neuzeitliche Wassermühle existierte in Seenähe um 1700.
Diese Hecht-Mühle wurde später etwa 150 Jahre lang als eigenständiges Lehngut betrieben. Als Kornmühle war sie in den frühen 1970er Jahren ab- und umgebaut worden.
Die zugehörige abgebrannte Mittelmühle wurde nach 1866 auf der anderen Seite der Beck ersetzt.
Der zur Mühle gehörige Katen entwickelte sich von einer Schankwirtschaft zur Gaststätte „Schweig mir von Rom“ (ROMI), die von verschiedenen Pächtern betriebenen wurde.
Die Wasserheilanstalt begann 1846, später gepachtet und geleitet von G. Bardey, der die Umgebung gestalten und bepflanzen ließ und 1877 in Erbpacht übernahm. In der Folge wurden bis 1913 vier Villen, davon drei am Hang, gebaut. Der Kurbetrieb endete 1914.
(Bad Stuer- Die Anfänge)
Andreas von Flotow war um 1900 Erstgeborener der Dorfadligen von Stuer. Es zog ihn früh zu Militär und paramilitärischen Einheiten hin. In der sozialen und ökonomischen Krise der 20er Jahre, in die auch der Landadel geraten war, konnte er dann seinen Bedarf nach ziviler Anerkennung in der Großgrund-Landwirtschaft der 1920er Jahre nicht erreichen. Aufstiegschancen in einer Führerrolle bot ihm der militante Arm der NSDAP.
Dem mörderischen Ausleseprozess in dieser Bewegung, die sich in einer Gewaltspirale schrittweise hochdrehte, konnte er 1933 aber mental nicht ausweichen. Seine Ermordung bildete eine Wegmarke innerhalb komplexer politischer Zusammenhänge in Deutschland um den Jahreswechsel 1932/33. Zu verschiedenen Zeiten wurde dies auf überraschende Weise bewertet und erzählt. (Die Ermordung des SA-Führers Andreas von Flotow – Stuer-Archiv)
(Stand Januar 2022 )