Geplündert: Wald-Wasser-Torf, Titelbild

Aufgezehrt: Wald-Wasser-Torf um Stuer

ZUSAMMENFASSUNG

Im 12.Jh. gab es westlich der Müritz bis zur Jabeler Heide, an die südlich der Hornwald anschloß, eine nahezu geschlossene Waldfläche. Mit der Ostsiedelung setzte dann die große Waldrodungsperiode des Mittelalters ein. In der mit der Kolonisierung eingeführten Dreifelderwirtschaft waren die Bauern auf die Ausweitung der Ackerflächen angewiesen. Als Zusatz zur knappen Brache waren Waldweide und Eichelmast zur Viehernährung üblich. Neben Bauholz für Städte und Schiffe entstand großer Bedarf an Holz als Brennmaterial durch das Betreiben von Köhlereien, Waldglashütten, Kalköfen und Ziegeleien. Holzmangel versuchte man später durch Torfabbau im Hochmoor, den Torfstichen Stuer, auszugleichen.
Nachdem die deutschen Siedler Wassermühlen eingeführt hatten, entstanden durch Eingriffe zur Wasserführung und durch Aufstau erste größere Eingriffe in die natürlichen Wasserverhältnisse.
Später fanden verschiedene erfolglose Entwässerungsmaßnahmen des Stuerer Sees mit dem Ziel möglichst ganzjähriger Weidelandgewinnung statt. In den 1990er Jahren wurde beschlossen, das Seebecken wieder zu fluten und im standorttypischen Sinn wieder längerfristig zu stabilisieren. Durch diese Reparatur soll sich das Naturschutzgebiet wieder als Hochmoor entwickeln können.

Abholzung

Pastor LEUE als „Energiewender“

Entwässerung und Anstau des Stuerer Sees

Quellen und Anmerkungen

Der abhanden gekommene Wald

Im Jahr 1128 durchquerte der Bischof von Bamberg auf Missionierungstour durch Mecklenburg endlose Wälder. Von Havelberg nach Demmin, immer umgeben von Bäumen und Buschwerk, ritt er mit Gefolge südlich von Röbel teilweise durch weglosen Urwald (1). Auch wenn die Übertreibung überwundener Schwierigkeiten zum Werkzeugkasten für Glorifizierungen gehört, können wir Anlass für diese Schilderung annehmen.„Eine nahezu geschlossene Waldfläche erstreckte sich in ihrer ganzen Breite westlich der Müritz bis zur Jabeler Heide, an die südlich der Hornwald anschloß.“ (2) Dazwischen lagen große Landstreifen feuchter bis nasser, gar überschwemmter Böden, die nicht Land und nicht Wasser waren: Quellgebiete, Sümpfe und Bruchwälder.

Nach der Eiszeit herrschte zuletzt Eichenwald vor. Dieser konnte dann stetig von einem dominierenden Buchenwald abgelöst werden (3). Die slawischen Siedler hatten die Geschlossenheit großer Waldkomplexe, trotz ihrer Vorliebe für die Verwendung Eichenholz, nicht nennenswert beeinträchtigen können. Und die gerodeten Feldbauflächen der zwei- dreitausend Jahre vorher hier lebenden Gemeinschaften mit ihren häufiger wechselnden Siedlungsplätzen waren längst überwachsen.
Mit der Ostsiedelung setzte dann die große Waldrodungsperiode des Mittelalters ein. Weil ein Viertel des Landes sich damals im Besitz der Kirche befand, hatten die dienstpflichtigen Bauern der Klöster daran einen großen Anteil.                      Der Flächenbedarf für die Landwirtschaft einerseits und der enorme Bedarf an Bau- und Feuerholz für die verschiedensten Zwecke, hatte die Waldflächen in kurzer Zeit auf ein Bruchteil reduziert und dessen Bestand erheblich verändert. Letztendlich galt dann für das 18 Jh.: „Das einst waldreichste Territorium war zu den waldärmsten in Deutschland geworden“ (4). Ein Vorgang, der vorher die Entwaldung der Mittelmeerkulturen betraf und heute die restlichen Urwälder der Welt.

Hufen,Vermessung, Stuer 1763 und Umschreibung

Ackerflur auf abgeräumtem Wald 1763

Nadelholzplantage

Heute dort zum Teil Nutzholzplantagen

In der mit der Kolonisierung eingeführten Dreifelderwirtschaft waren die Bauern auf die Ausweitung der Ackerflächen angewiesen. Als Zusatz zur knappen Brache waren Waldweide und Eichelmast zur Viehernährung üblich. Noch Ende des 18. Jahrhunderts sollen zwei Drittel der Wälder als „Hudewälder“ gedient habe (5). Dazu kam Plaggennutzung. Aus dem Waldboden herausgehauene Soden dienten dabei erst als Einstreu und danach als Felddüngung. Dies und die Entnahme von Waldstreu hatte erhebliche Auswirkungen auf den Baumbestand.

Bad Stuer, 1845 (auf einer der Höhen nahe Vordermühle konnte in der zweiten Hälfte des 19.Jh. eine Windmühle installiert werden, nachgewiesen 1857 bis vor 1870 (5a))

Bad Stuer 2018

Der Landesausbau brachte jede Menge Holzbedarf mit sich. So für den Fachwerkbau in den Städten und wegen der häufigen Flächenbrände dort als Nachschub. Auch der Schiffbau benötigte eine immense Menge an Eichenholz. Zur Tilgung von Kriegslasten wurde dies auch an benachbarte oder frachtgünstig gelegene Staaten verkauft.

Großer Bedarf am Brennmaterial Holz entstand durch das Betreiben von Köhlereien, Waldglashütten, Kalköfen und Ziegeleien.

Teerschwelergehöft Sparow, ein Nachbau aus den 1990er Jahren (6)

Buchenholzteer aus Sparow, 1990er Jahre

Das in Schwelöfen hergestellte Teer und Pech wurde früher zum Holzschutz und zum Kalfatern der Schiffe, als Wagenschmiere und zur Hufdesinfektion benötigt. Hauptprodukt war jedoch Schmelz- bzw. Schmiedeholzkohle.

Alter Teerofen in Nossentiner Hütte, 1920 noch betrieben

Teerofen Nossentiner Hütte, bis in die 1920er Jahre betrieben

Am Ende einer anschließenden Eisenproduktion, im Rennofen mit Kalkzusatz, sollen über den Zwischenzustand der Holzkohle für eine Tonne Metall, dreißig Tonnen Holz verbraucht worden sein (7).

Waldglashütte

Waldglasofen

In den Waldglashütten wurden große Holzmengen zur Herstellung von Pottasche als Flussmittel und für die eigentliche 18 Stunden zu befeuernde Glasschmelze benötigt. Der jährliche Verbrauch einer Hütte wird mit 3500qm Holz angesetzt (8). Die dafür abgeholzte Waldfläche fiel nach Ablauf der Konzession gerodet an den Grundherren zurück. Dies war eine günstige Methode zur Ausweitung des Ackerlandes der Gutsherrschaft.

Waldglas: Gebraucht in Bad Stuer,Glashütten in Mecklenburg,Wendt, R., Das Waldglas, Histor. Museum Schwerin, 1977

Waldglas, gebraucht in Bad Stuer (8)

Bis Ende des 18. Jh. wurde Gebraucht- und Fensterglas in nennenswerten Mengen auch exportiert, nach Holland, Skandinavien, Rußland und Nordamerika (9). Die Glasherstellung in Satow Hütte lief von 1813 bis 1822 (beendet nach Aufruhr der Hüttenarbeiter ?, Besitzer von Flotow) und dann mit anderen Betreibern von 1831bis 1848.

Glashütten in Mecklenburg, 1972 (8,Wendt)

Anfang des 19. Jh., als der Wald also weitgehend nicht mehr vorhanden war und die Hochzeit der Glashütten sich dem Ende neigte, entstand verstärkter Bedarf nach gebrannten Ziegeln. So entstanden in der Umgebung nach und nach kleinere Ziegeleien mit unterschiedlich langer Laufzeit.

Die Mecklenburgische Ziegelei-Industrie, 1931 (10)

Während eine Brennerei in Zislow seit 1791 ein Jahrhundert lang betrieben werden konnte ( Standort ?), funktionierte die Ziegelei in Stuer-Vorwerk zwischen 1837und 1887 (Quelle: Staatskalender).
Ob dabei wiederverwendbare Ziegelöfen oder aber Freibrand üblich war, muß hier offen bleiben. Der wahrscheinliche Standort in Stuer Vorwerk ist weiter unten auf der Karte von 1875 gekennzeichnet.

Beispiel für Ziegelfreibrand (11)

Der Stuerer Pastor Leue bezog die benötigten Mauer- und Dachziegel zum Bau des neuen Pfarrhauses im Jahr 1806 jedenfalls noch aus der Plauer- und der Flotowschen Ziegelei aus Zislow.
Letztere wären etwas teurer, aber von besserer Qualität gewesen, schrieb er auf. Gelöschten Kalk ließ er aus Gotthun und Walow anfahren.

In diesem Zusammenhang sollen hier auch die zahlreichen kleineren Kies-, Sand-, Lehm- und Tongruben erwähnt  werden, deren ausgebeutete Reste heute  Nischen auf dem Acker und im inzwischen angelegten Nutzwald um Stuer bilden:

Ehemalige Sand-/ Kies-/ Lehm-/ Tongrube auf der Feldmark Stuer

Ehemalige Sand-/ Kies-/ Lehm-/ Tongrube im Stuerer Forst

 

Eine Momentaufnahme der energieverbrauchenden Hütten aus dem Jahr 1845 in dieser Gegend, ergibt eine Vielzahl an Feuerstätten. Einige existierten allerdings kurzfristiger als die bereits genannten.

Momentaufnahme der energieverbrauchenden Hütten, Gegend Stuer, 1845,Staatskalender

Auszug und Zusammenstellung Staatskalender 1845
TO-Teerofen(3)/ GH-Glashütte(1)/ KB- Kalkbrandofen(1)/Z-Ziegelei(5), Summe: 10

Die Glashütten Walow, Fincken(1722-41) und Below(1715-27) waren da bereits hundert Jahre eingestellt.

Was an geschlossenem Baumbestand im 20./21. Jahrhundert wieder erkennbar war, sind angelegte Nutzholzplantagen, die nun zunehmend den modernen Erntemaschinen angepasst werden.

Den Holzmangel versuchte man bei dem Energiebedarf im 19. Jh. durch Torfverfeuerung auszugleichen. Bei der hier nicht erwähnten Glashütte bei Alt Schwerin, die bis 1901 lief, ist dies jedenfalls überliefert.
Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Anfahren der Ziegelei in Vorwerk und dem Beginn des Torfstechens dort, liegt zumindest nahe. Die Rohstoffe Lehm/Ton und Sand könnten direkt im südöstlich angrenzenden Mineralrand der Hauptendmoräne entnommen worden sein oder den „schluffreichen Beckensanden“ zwischen dem ehemaligem Hochmoor und dem Stuerer See.

Traditioneller ländlicher Torfabbau:https://www.lumix-forum.de/viewtopic.php?f=26&t=29181

Beispiel für ländlichen Torfabbau andernorts (12)                                                  

http://www.torfkopp-museum.de    (Loiz)

Zeitzeuge Pastor Leue- Beförderer einer kurzen „Energiewende“

Pastor LEUE der Ältere (Pfarrdienst von 1800- 1832 ) beschreibt in seinen Aufzeichnungen, wie er in der Feldmark Wendisch-Priborn, das zu seinem Pfarrbezirk gehörte, das Torfstechen eingefädelt hatte. Als Prediger und Verwalter der dortigen Pfarrhufe hätte er seit seinem Amtsantritt jahrelang „die Priborner Bauern auf ihr herrliches Torfmoor aufmerksam gemacht und sie zur Benutzung desselben zu bewegen gesucht .“ Handelte es sich zu jener Zeit doch um eine „holzarme Gemeinde und nicht minder um die mit Holz nur sehr dürftig versorgte Stuersche Pfarre..“ (zitiert aus den unveröffentlichten Handschriften von LEUE).

Torfkoks aus Stuer-Winkel

Torfbrikett, gefunden in Stuer Winkel

Er ließ 1818 schließlich Torfstecher aus Plau kommen „um die Beschaffenheit des Priborner Torfes zu erforschen und sie Stellen aus zu kundschaften, wo er am besten und tiefsten stehe.“
Zunächst hätten die „neidischen und engstirnigen Priborner Bauern“ den Torfstecher weggejagt, „als er 15 1/2 Tausend Soden gestochen hatte . . .weil sie den Scheiß, Salva venia, wie sie sich ausdrückten, nicht im Hause haben wollten.“ Im Stuerer Pfarrhaus brannte in jenem Winter der Torf dann jedoch „vortrefflich und machte keinen üblen Geruch im Hause.“
Erst 1820 gelang es LEUE die skeptischer Bauern zu überzeugen und soll schließlich dafür, wie er zufrieden mit sich schrieb, hoch gelobt worden sein. Offenbar brauchte es spezielle Lohn-Torfstecher, die in jenem Jahr 460 000 Soden gestochen hatten. Auch der Priborner Küster erhielt seinen Anteil „unentgeltlich statt des Holzes, welches ihm die Bauern sonst für ihre schulfähigen Kinder geben mußten.“

Torfstecher, Ausstellung im Haus des Gastes Röbel

Torfstecher (13)

Optimistisch schrieb er auf: „Da der Torf nämlich von der besten Qualität und so ungeheurer Qualität vorhanden ist, dass die Moore bis an den jüngsten Tag nicht erschöpft werden können und der hiesige Prediger als Besitzer der dortigen Pfarrhufe bey allen Auskünften aus den dortigen Gemeinheiten mit jedem Bauern zu gleichen Teilen geht, so bekommt er nun auch alljährlich aus dem Priborner Torfmoor ebenso viel Torf wie jeder Bauer erhält.“ (14)

Dass hier nur ein anderer kohlenstoffhaltiger Brennstoff das Holz ersetzt hatte, dabei aber die Co2-Emission des Moorbodens freigesetzt wurde, wissen wir erst heute (siehe unten).

Pferdeschuh zum Bewirtschaften von Torf und nassen Wiesen (15)

Stuersche Torfstiche erwähnt LEUE zu dieser Zeit nicht. Womöglich waren diese schon im Gespräch, werden also erst später aufgeschlossen worden sein. Vielleicht parallel zur Anlage der Ziegelei in Vorwerk ab 1837.

See und Torfmoor zwischen Entwässerung und Wiederbefüllung

Nacheiszeitlich blieb in verhältnismäßig hoher topografischer Lage im Rogeez-Stuerer Gletscherzungenbecken, vor der Hauptendmoräne ein großes Feuchtgebiet zurück. Um die so entstandene Seenkette Kogler See- Satower Hofsee- Rogeezer See- Stuerer See, die zum Plauer See hin abfließt, hatten sich in Rand- und Zwischenbereichen in größerem Umfang Moore gebildet. Deren langsames Wachstum wird auf 1 Millimeter/ Jahr geschätzt. Das frühere Hochmoor, heute NSG „Torfstiche Stuer“, ist vom Stuerer See durch eine Schwelle aus schluffreichen Beckensanden getrennt.

http://www.rbudde.de/GEO8/Glacial%20Landscape/index.htm

Landschaft während und nach dem Rückzug des Eises (16)

„Moorböden bestehen aus Torf, d.h. aus abgestorbenen Pflanzenresten, die unter Sauerstoffausschluss durch permanente Wassersättigung unvollständig zersetzt werden und sich langfristig zu dicken Schichten kohlenstoffreichen organischen Materials aufhäufen. Naturnahe, wassergesättigte Moore sind klimakühlend. Moorböden stellen mit 1,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff den größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher Deutschlands dar.“(21) Informationsmaterial – Greifswald Moor Centrum

 

Postkarte Torfprofil, uni-Greifswald

Torf entstand also seit der Eiszeit durch die Einlagerung des abgestorbenen vergetabilen Lebens. Es ist damit die jüngere Variante der tieferen Kohle-, Öl- und Gasablagerungen, die sich seit dem Absterben der Karbonwälder gebildet hatten und die wir gerade intensiv plündern. Bei Entwässerung für Torfabbau oder Pflanzenanbau wird das in ihm gespeicherte CO2 frei und reichert sich als Treibhausgas in der Atmosphäre an.

Nachdem die deutschen Siedler Wassermühlen eingeführt hatten, entstanden durch Eingriffe zur Wasserführung und durch Aufstau erste größere Eingriffe in die natürlichen Wasserverhältnisse. Dies könnte auch hier in Stuer am Auslauf des Sees schon früh der Fall gewesen sein:

Stauteich,Stuer,1763

Steinpackungen, Stuer,2004

Die Vermessung von 1763 weist dort noch auf einen Stauteich hin. Bei Leitungsverlegung im Jahr 2004 konnten hier massive Steinpackungen oder Fundamente gesehen werden (früherer Stau und Mühle?).

Karte, Schmettau,1788, (Stüde=Gebüsch, Brandmoor=Hinweis für Brandrodung für kurzzeitig mögliche Nutzung)

Karte, SCHMETTAU, 1788 (Stüde=Gebüsch, Brandmoor= Hinweis für Brandrodung für kurzzeitig mögliche Nutzung)

Wann in diesem Becken erste Entwässerungsmaßnahmen mit dem Ziel möglichst ganzjähriger Weidelandgewinnung einsetzten, ist bis jetzt nicht geklärt. Eine allerdings allgemeine Aussage lautet so: „Erste schwache, dann aber zunehmend stärkere Eingriffe in den Wasserhaushalt und damit auch der . . . Vegetation, erfolgten in den großen Talmooren erst zwischen 1820 und 1850.“ (17)

Flurkarte von 1875, möglicher Ziegeleistandort rot

Im Kaufvertrag zwischen HAGEMEISTER und von FLOTOW, der Rückinbesitznahme der zwischenzeitlich abgegebenen Besitzung Stuer, vom Januar 1855, wird hingewiesen auf den im Vorjahr „zwischen den Gütern Stuer-Vorwerk, Stuer, Neu-Stuer und Rogeez über die Entwässerung des Stuer-Rogeezer Sees abgeschlossenen Vertrag.“ Diesem müssen jedoch schon Regulierungsmaßnahmen vorangegangen sein. LISCH fand nämlich bei seinem Kurzbesuch 1850 schon keinen See mehr vor, nur „eine sehr weite Wiese“ (18). Und beim Rückbau der Abflussvertiefung an der Brücke im Dorf im Jahr 2007 wurden Hölzer einer ehemaligen Sole gefunden mit Fälltdaten zwischen 1794 und 1820 (19).

Es ist davon auszugehen, dass das Grabensystem zur Entwässerung und des Seeabflusses in mehreren Etappen angelegt und immer weiter abgesenkt worden ist. Auch der ursprünglich diffuse Abfluss vom Rogeezer in den Sturer See wurde dabei kanalisiert. Dabei setzte ein sich wiederholender Prozess von Sackung, weiterer Entwässerung und darauf folgender weiterer Sackung ein.

Nach hinreichender Entwässerung des Moores konnte im Rogeezer Moor und im Tannen Moor mit dem Torfstechen begonnen werden, das bis in die erste Hälfte des 20. Jh. angehalten haben soll.
Letzteres wurde damit jedenfalls „nahezu total durch Torfstecherei ausgeräumt“ (Analyse/Gutachten/Zielstellung um 1996).

Abtorfungskante

Mit dem Ziel agrarischer Nutzung erfolgten nach 1935/36 weitere Entwässerungsbemühungen (RAD 2/64) einschließlich der Konsequenz der Verrohrung des Abflusses im Dorf.

Zustand November 1937, Luftbild, Stuer Vorwerk (19a)

Futterqualität und Befahrbarkeit auf dem sauren nassen Boden blieben jedoch so ungünstig, dass 1966 in einem Gutachten (Uni Rostock) über die Wiederanhebung des Wasserspiegels im Hinblick auf fischwirtschaftliche Nutzung nachgedacht wurde.
Das stark entwässerte Hochmoorareal, in dem Sonnentau vorkommt, wurde 1978 als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Im Widerspruch dazu baggerte man dann in den 1980er Jahren dennoch wieder zahlreiche Gräben aus. Dieses förderte immerhin die mittelalterliche Brückenanlage zu Tage, was die phantasierte Existenz einer Slawenburg, damit eine angenommene Existenz von Stuer schon um 1178, beendete.

See vor Vernässung Stuer,1990er Jahre

Luftbild, um 2000, Stiftung Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern (20)

In den 1990er Jahren wurde beschlossen, das Seebecken wieder zu fluten und im standorttypischen Sinn wieder längerfristig zu stabilisieren. Durch diese Reparatur soll sich das Naturschutzgebiet wieder als Hochmoor entwickeln können.

Eine der geplanten Zielvarianten, Wiedervernässung, Torfstiche Stue

Eine der geplanten Zielvarianten der Wiedervernässung: (blau- Wasser, dunkelgrün= nasse-, oliv=feuchte-, gelb=frische Bereiche)

Gelingen könne das durch Anhebung des Grundwasserspiegels und Verhinderung von Oberflächenabflüssen aus den Mooren.

Stuerer See, Sommer 2017

Angestrebt wird die Verdunstung und den Abfluss geringer zu halten als den Niederschlag über dem Hoch- oder Regenmoor. (Zitiert sinngemäß nach einem vorliegenden unbezeichneten Analyse/Gutachten/Zielstellungs-Papier um 1996). Das Grabensystem im Moor wurde dabei aber nicht angetastet. Damit werden diese Flächen weiterhin entwässert, was deren Emission von in Jahrtausenden gespeicherten Treibhausgasen wahrscheinlich kaum einschränkt. Dadurch „gelangt Sauerstoff in den Boden, wodurch der Torf mikrobiell zersetzt und CO2 (und N2O) emittiert wird. Entwässerte Moore sind daher Hotspots für Treibhausgasemissionen. „(21)

Maschinelle Ernte von Heu auf den Grünlandflächen wird hier dagegen im Zuge eines Flächeninvestments fortgesetzt und schon seit längerer Zeit abtransportiert, um an anderen Stellen kompostiert zu werden.

Teilintakte Hochmoorreste auf kleinem, künstlich vom Gehölzbewuchs freigehaltener Fläche,Torfstiche Stuer

Abbildung: Teilintakte Hochmoorreste auf kleiner, künstlich vom Gehölzbewuchs freigehaltener Fläche

Geländeentwicklung in Zeitraffer von 1985 bis 2020: https://earth.app.goo.gl/F5REmA

Google Earth

 

QUELLEN UND ANMERKUNGEN

(1) von Michelsberg, E., Der Pommernapostel Otto von Bamberg
(2) Voss, E., 1000 Jahre Jagd- und Forstgeschichte Mecklenburgs, Rostock 1993, S. 19
siehe auch: Bieger, Der Mecklenburgische Wald einst und jetzt, in: Mecklenburgische Monatshefte 1926, S.376
(3) wie (2), S.20
(4) wie (2), S.46
(5) wie (2), S.41
(5a) Ritterschaftliche Brandversicherungsgesellschaft, Stuer RA Lübz, MLHA                                                        

(6a) Sparow, ehemaliger Förderverein

(6b) Archiv Forstamt NossentinerHeide
(7) Laudert, D.,Mythos Baum, Kulturgeschichte des Waldes, München, 1998, S.25
(8) Wendt,R., Das Waldglas, Histor. Museum Schwerin,1977, S.16
ders.
(9) Glashütten in Mecklenburg, Promotion, Rostock 1972
Masurowski,G. / Mombur,D., Archäologische Berichte M-V, Beihefte11(2008) u.12/13(2009)
von Oehnhausen, Glashütten in Mecklenburg, in; Jb, Nr. 70 (1905), S.267-312
(10) Karte aus: Borchers, M.,Die Mecklenburgische Ziegelei-Industrie, in: Mecklenburgische
Monatshefte,1931, S.140
(11) Ziegelfreibrand: FAL,Ziegelei Benzin,2004
(12) https://www.lumix-forum.de/viewtopic.php?f=26&t=29181
(13) Torfstecher, Ausstellung im Haus des Gastes Röbel
(14) Hierzu sollte bemerkt sein, dass Priborn im Gegensatz zu Stuer eine Siedlung relativ freierer Bauern war. In Mecklenburg gelang es nur sechs hauptsächlich in Grenzregionen liegenden ritterschaftlichen Dörfern sich von Leibeigenschaften und Frontdiensten weitgehend frei zu kaufen. Der Stuerer Pastor schreibt dazu an anderer Stelle zum „Reformationsjubelfeste“: „ . . so konnte ich auch recht deutlich bemerken, daß die Festpredigten selbst in Priborn weit besser verstanden wurden und dort einen weit tieferen Eindruck machten, als hier, wo fast die ganze Gemeinde aus lauter untertänigen Tagelöhnern besteht, die keinen rechten Sinn für die höheren Angelegenheiten der Menschheit haben.“
(15) Pferdeschuh zum Bewirtschaften von Torf und nassen Wiesen, Ausstellung im Haus des Gastes Röbel
(16) http://www.rbudde.de/GEO8/Glacial%20Landscape/index.htm
(17) Fukarek,F.,1000 Jahre Entwicklung und Veränderung der Vegetation in unserem Territorium,
in: Heimathefte 4, 1995, S.9
Zur Entstehung von Mooren und anderen hier genannten Entwicklungen siehe:
Küster,H.,Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa, München,1995
und ders., Geschichte des Waldes, München,1998                                 

außerdem: Thiel,W., Der Wald in Mecklenburg-Vorpommern, 2006

(18) Lisch, F.,MUb.,15(1850),S.317
(19) Auskunft schriftlich, 2007, Radbruch,R., Ing.Wasserbau,Röbel

(19a) MLHA, Rechte: HANSA Luftbild GmbH

(20) www.stiftung-naturschutz-mv.de

(21) GMC_Stellungnahme KSP2050.pdf – Greifswald Moor Centrum

Darin auch: „Vergleich der Einsparmöglichkeiten Wind vs. Moor am Beispiel M-V

In Mecklenburg-Vorpommern werden durch Windkraftanlagen momentan ca. 2 Mio T CO2 pro Jahr eingespart (onshore und offshore). Die entwässerten Moore in M-V emittieren mit über 6 Mio T CO2-Äq. die dreifache Menge. Das Potenzial für Emissionsminderungen durch Moor-Wiedervernässung ist damit in M-V sogar noch höher als die aktuellen Einsparungen durch Windkraftanlagen. Die Maßnahmen wären dezentral und aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes weniger invasiv als der Bau von Windkraftanlagen. Zusätzlich besteht großes Potenzial, die oberirdische Biomasse wiedervernässter Moore zur Substitution fossiler Rohstoffe und Energieträger zu nutzen.“