Zusammenfassung
Die Alte Landwehr zwischen Stuer und Darze wurde im 14., spätestens 15. Jahrhundert angelegt. Sie ist Teil eines Systems von gebauten und natürlichen Hindernissen zwischen Plauer See und Müritz zum Schutz der ehemaligen Länder Malchow und Röbel.
Die mittelalterliche Abgrenzung des Landes Malchow
Um vom Süden trockenen Fußes ins Land Malchow zu gelangen, gab es zu Zeiten weitgehend unregulierten Wassers wenige Möglichkeiten.
Etwa zwei Kilometer südöstlich des Stuerer Sees und der mittelalterlichen Burg bei Vorwerk entspringt die Elde, die über Wredenhagen von Süden in die Müritz fließt. In gleicher Entfernung, etwas südlicher, bei Jaebez befindet sich eine Dossequelle. Beide waren dort im 14. Jh mit Sicherheit nicht so eingetiefte, schmal geführte, teils kanalisierte Bäche wie heute. Wasser und Sümpfe nahmen, besonders in Quellgebieten, einen hohen Prozentanteil der Oberflächen ein und waren schwer passierbar. Ortsnamen wie Dammwolde und Knüppeldamm weisen darauf hin.
Auf der anderen Seite, nach Westen, gibt es von Stuer als Wasserlauf zunächst in Richtung Plauer See die Beeck und dann vom See in Richtung Südwesten den Gelsbach. Hier gab es als Übergang in Richtung Plau zunächst eine schmale Furt (Twietfort).
Zwischen Stuerer See und der Eldequelle existierte auf der hoch liegenden flachen Endmoräne ein allzeit trockener, passierbarer Korridor von etwa zwei Kilometern. Eine der wenigen Nord-Süd-Verbindungen dieser Art vom Süden in das Land zwischen den großen Seen. Aus diesem Grunde wurde an dieser offenen Stelle eine Landwehr errichtet, an deren beiden Enden sich je eine Burg befand. Auf der Seite von Darze war dies eine Turmhügelburg.
Turmhügel bei Darze, (siehe auch 1/ Archäologische Exkursionen um Plauer See)
Im Volksmund werden die auffälligen Reste solcher Bauwerke oft als „Alte Verschanzung“ oder „Schwedenschanze“ überliefert.
Offen bleibt hier, ob es schon Vorläufer dieser Verteidigungslinie gegeben haben könnte, z.B. im Zusammenhang mit der Schlacht an der Raxa.(14)
„Alte Verschanzung“ (Karte von Schmettau, 1788, Ausschnitt)
„ Die in der Regel im 14. Jahrhundert erbauten Anlagen bestanden aus einem Wall mit einem oder zwei begleitenden Gräben. Der Wall war mit dichtem Gehölz bewachsen und bildete so eine wirksamen Schutz, nicht als aktive Verteidigungslinie, sondern als Hindernis, massenhaft geraubtes Vieh wegzutreiben. Dabei wurde der Bau der Anlage nicht von tatsächlichen Grenzen bestimmt, sondern vom Druck, möglichst effektiv zu bauen. So wurden lange Strecken, die einen natürlichen Schutz boten, nämlich Wasserläufe, Seen und Moore, in die Streckenführung einbezogen.
Eine solche nahezu vollständig nachvollziehbare Landwehr befindet sich zwischen Plauer See und Müritz.“
Zeichnung und Text aus: Ruchhöft, F., Die Landwehr zwischen Plauer See und Müritz (2)
Südlich von Plau begann ein weiteres um die Stadt angelegtes System.(3)
Das Quellgebiet der Elde bot ab Darze natürlichen Schutz, der sich im vermoorten Bachtal in Richtung Dambecker See fortsetzte. Bis zur Müritz setzt sich die Abwechslung von natürlichen und gebauten Hindernissen fort. Wie sie Ruchhöft beschreibt. Dort wird auch auf damit verbundenen Interessenten, das Kloster Malchow mit seiner Grundherrschaft und Stadt und Kloster Röbel hingewiesen. Ergänzt wurde diese Darstellung von durch Jackewitz, R. Dabei geht es um Erkenntnisse südlich und nördlich von Röbel nachweisbarer Anlagen, die sich diese Stadt errichtet hatte.(4)
Diese Landwehr spielte während der ständigen Fehden des niederen Adels zwischen Brandenburg und Mecklenburg eine Rolle. Dabei waren im 15. Jh. die Ritterfamilie Grambow bei Fincken, gelegentlich aber auch die Flotows, räuberisch in der Prignitz aktiv. Beschwerden sind von beiden Seiten dokumentiert.(5)
Diese Landwehr hatte wohl kontrollierte Zugänge, wie sie Lisch, 1867 bei der Feststellung der Ausdehnung des Landes Malchow beschreibt: „ . . wo . . eine Landwehr gegen die Mark (mit einem Schlagbaum) befindlich ist.“ (6) Dies könnte jene Stelle sein, an der die Straße von Altenhof diese Verschanzung quert:
Diese Abgrenzung war jedoch nicht genau identisch mit der zeitweise in Bewegung befindlichen Grenzfindung zwischen Werle, bzw. Mecklenburg und Brandenburg.
Da besonders in der Anfangszeit der deutschen Besiedelung die Bistumsgrenzen eine Rolle spielten, bei denen zum Teil in den klösterlichen Schreibstuben interessengeleitet gefälscht wurde(7), soll an dieser Stelle auch auf diese damit teilweise übereinstimmende Scheidung hingewiesen werden. Schmalz, K., Pastor aus Sternberg, wies darauf hin, dass nach seinen Erkenntnissen, Stuer, Satow, Grüssow und weiter östlich Alt-Röbel zum Bistum Schwerin zählten, während Fincken, Leizen, Dambeck und Neu-Röbel dem Havelbergischen Bistum angehörten. Das Kirchspiel von Wendisch -Priborn war wahrscheinlich havelbergisch, so dass „ die Grenze zwischen ihm und denen von Satow und Stuer sich zum Südende des Plauer Sees hinzog.“ (8)
Mecklenburgisches Parochialsystem um 1500 (9)
Bauprinzip einer Landwehr: Bildung eines Erdwalls durch Aufwurf von Erdmasse und möglichst dichte, auch dornenreiche Bepflanzung:
(10)
Ein wichtiger Aspekt bei der zeitlichen Einordnung von Bauwerken und Anlagen sind neben geborgenen Fundstücken Bezüge zu schriftlichen Quellen. Fehlen diese, bleibt eine Behauptung oft Spekulation.
Eine Information über eine Möglichkeit, den Umgang mit diesen Anlagen zu regeln, findet sich in Urkunden, die der Werler Herr Johann III., vier Brüdern von Hahn 1337 und 1342 in Goldberg ausgestellt hatte. Sie betreffen andere Orte, erfolgten aber zu jener Zeit, zu der dieser die Flotows mit Stuer belehnt hatte.
Der mittelniederdeutsche Text sagt: „. . . nicht plichtiych . . . to borchdeneste, to wegen oder to bruggen to makende oder to der landwere to arbeydende“. Die Herren wären also nicht verpflichtet…. Burgen(bau?)dienste, Wege und Brücken zu machen oder an der Landwehr zu arbeiten (oder diese instand zu halten ?). (11)
Womöglich hätte dies aber auch eine Verpflichtung dazu enthalten können. Die zeitliche Einordnung dieser Anlagen dürfte aber jedenfalls klar gestellt sein.
Interessant am Vergleich dieser beiden, fünf Jahre versetzt ausgestellten Urkunden, sind gleichlautende Textbausteine. Solche Standardtexte sollen schon damals üblich gewesen sein.
Landwehr heute, im Jahr 2020 (12):
Anmerkungen, Quellen
(1) siehe auch Faltblatt :
(2) in: Archäologische Berichte aus Mecklenburg- Vorpommern, Band 15, 2008, S.247-250
(3) Siehe: Ruchhöft, F., Die Plauer Landwehr, in: Informationen für Bodendenkmalpfleger in Westmecklenburg 33 (1993), S. 41-45,
auch Faltblatt:http://ag-mv.de/exkursionen/von-plau-am-see-nach-roebel-mueritz/
(4) Jackewitz, R., Der Röbeler Limes: Die Landwehren des Mittelalters, in: Müritzanzeiger 2008, Nr. 17
(5) Codex diplomaticus Brandenburgensis, S.243
(6) Lisch, F.,:
(7) Salis, F., Die Schweriner Fälschungen. Archiv für Urkundenforschung, Bd, 1 (1908) und
Ruchhöft,F., Eine Analyse der Stiftungsurkunde des Bistums Havelberg aufgrund archäologischer und territorialgeschichtlicher Quellen. – Zeitschrift für Ostmitteleuropaforschung 52 (2003), H2, 159-190.
Die Fälschungen hatten das Ziel, Territorien ein zu beziehen oder Ansprüche, was ja stets auch Einnahmen bedeutete, gegenüber der Konkurrenz vor zu datieren.
(9) MJb 56(1908),enge Kreuze: Bistumsgrenzen, weite: Archidiakonatsgrenzen, Punkte: Kirchspiele
(10) „Landwehr“, Prinzip, Autor: Poguntke, W.,wikipedia,
(11) MUB 5764 u. 6206
(12) Foto: Schmidt, Ulrike
(13) Ruchhöft, F., Wälle wider den Feind, Stadtwälle und Landwehren in Mecklenburg und Vorpommern, Schwerin 2021, Seite 70
(14) https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_an_der_Raxa