Dorf Stuer,Turmhügel,nahe Kirche

Die Burgen von Stuer

Eine Wanderung mit Kindern

Die Turmhügelburg

Wir sehen auf der rechten Seite den EIERBERG.
Eierberg?
Versucht mal im Dorf ältere Bewohner zu finden, die noch zu Ostern Eier dort herunter gerollt hatten. Sicherlich gekochte Eier! Das war wohl so ein Brauch.

Vor über 700 Jahren ließ ein Ritter am hinteren Rand seines Wirtschaftshofes diesen Hügel aufschütten. Darauf ließ er eine kleine Burg bauen. Er war wahrscheinlich der Gründer von Stuer. Solche Leute nannte man Lokator. Rund um den Kirchenhügel teilte er Grundstücke auf und gab sie Bauern, die aus dem westlichen Deutschland und Holland kamen. Dafür sollten sie ihm ein Teil ihrer Ernten abgeben, wofür er sie auch beschützen wollte. Einen anderen, den zehnten Teil, bekam die Kirche. Er selbst hatte aber auch einen Chef, dem er Kriegsdienste leisten mußte. Dieser hatte in der Grenzregion nach Brandenburg einer Reihe solcher Lokatoren gestattet, Dörfer ansiedeln zu lassen: Stuer, Darze, Fincken, Massow, Leizen, Karchow. Sie haben alle solche „Eierberge“, auf denen einmal befestigte Bauten standen. Ihr könnt sie heute noch finden.

In den Dörfern Satow und Rogeez gab es solche Berge nicht. Dort lebten schon lange Slawen.
Von den zeitweiligen Bewohnern die schon mal 4000 Jahre vorher hier gelebt hatten, sehen wir hier erst einmal ab. Sie lebten in hölzernen Langhäusern und hinterließen uns Großsteingräber und später Hügelgräber. Auch über sie wissen wir Einiges.
Die Chaussee/Bundesstraße im Hintergrund zwischen Röbel und Plau gab es damals an dieser Stelle noch nicht, nicht mal als Feldweg. Sie wurde erst vor 170 Jahren durch den Sumpf gebaut.
Vorher mußte man um das Seeende herumlaufen und dort entlanggehen wo später die Eisenbahnschienen und der Bahnhof gebaut wurden. Jetzt weg, na ja fast.

Wie sah nun eine solche Burg aus? In Mecklenburg gab es wohl etwa hundert davon, in ganz Europa Tausende. Dennoch blieb keine einzige erhalten. Man nennt sie auch Turmhügelburg. An vielen Stellen blieben nur diese mehr oder weniger großen leeren Hügel übrig. Die Gräben, die sie umgaben und aus denen der Hügel aufgeschüttet wurde, sind längst zu gepflügt, die Holzteile verrottet.
Zeichnungen von damals zeigten sie so: Im Bau

und bei der Verteidigung, bei der die Angreifer versuchen, Feuer zu legen:

Archäologen und andere findige Leute haben sich in den letzten Jahren die Mühe gemacht, solche Burgen nachzubauen:

Ob das damals so aussah, wissen wir nicht, aber es macht sicher Spaß sich das vorzustellen.

Vielleicht werden Einige von Euch sagen, dass auf dem Hügel aber Reste von STEINmauern zu sehen sind! Nun, wir können annehmen, dass dieser günstig gelegene Ausguck in späterer Zeit umgebaut worden ist: zu einer Art Warte oder auch Vorburg zu der im späteren Mittelalter gebauten zweiten Burg von Stuer am See beim Vorwerk. Von dieser Steinausführung ist aber nicht mehr zu sehen, als dieses Fundament. Vielleicht wird später mal eine behutsame archäologische Ausgrabung dort mehr Gewißheit bringen.

Die Wasserburg

Wenn wir nach Stuer-Vorwerk auf die dichter am Sturer See gelegene Burg kommen, werden wir ein bisschen mehr aus dieser Zeit, also vor 700 Jahren sehen. Stuer war vom Fürsten dem Ritter Andreas von Flotow übertragen worden. Der war Mitglied einer Familie, deren Mitglieder schon länger in der Gefolgschaft des Fürsten in Röbel oder auch in Goldberg, Güstrow und Plau neben dem Kriegsdienst wichtige Funktionen hatte. Wahrscheinlich kam diese Familie aus Westfahlen. Doch genau wissen wir und auch die familiären Nachfolger dies nicht.
Vor 700 Jahren, also im 14. Jahrhundert, ging es vielleicht noch mehr drunter und drüber als vorher. Es wechselten Bündnisse und Feindschaften hin und wieder zurück. Besitz und Gebietsansprüche von großen und kleineren Herren wurden behauptet. Urkunden wurden in klösterlichen Schreibstuben gefälscht und zurückdatiert. Alle beriefen sich dabei jeweils auf Gott. Das sollte Widerspruch verhindern. Etliche Ritter wurden dennoch oder deshalb zu Raubrittern. Sie handelten dann ausschließlich im eigenen Interesse, gerade auch hier in der Grenzregion zu Brandenburg.
Dazu kamen in der Mitte des 14.Jahrhunderts langanhaltende Verschlechterung des Wetters: Stürme, Überschwemmungen die mit Dürren wechselten, Eisgang, der Brücken und Mühlen zerstörte. Missernten lösten eine langanhaltende Hungersnot aus von den Britischen Inseln bis Russland und von Skandinavien bis ans Mittelmeer. Aber es kam danach noch schlimmer: eine schreckliche Krankheit, die sich über Europa ausbreitete und jeden Dritten daran sterben ließ, die Pest. Dummerweise wußten die Menschen nichts über die Ansteckungswege. Also beteten sie. Die Menschen waren in Panik und meinten die Welt würde untergehen.

Zu dieser Zeit ließen die Flotows zwei Hügel aufschütten, auf dem ihre Burg gebaut werden konnte.  Sie könnte etwa so ausgesehen haben, wie sich das Jemand ausgedacht  hat, der nicht vor Ort war. Deshalb gibt es einige Fehler.

Die Lage war etwas abgelegen von den dörflichen Untertanen und besser geschützt als Konrads befestigtes Häuschen. Darum herum ließen sie in angelegte Gräben Wasser vom See leiten. Womit das dann richtig zu einer Wasserburg wurde. Es sind drei Erdwälle um das Ganze festgestellt worden.
Hinüber kam man von der Vorburg (rechts gelegen) und auch von außen über Zugbrücken. Die konnte man bei Gefahr hochziehen.
Es gab Zeiten in denen Malchower Bürger Burgdienste zur Verteidigung, aber auch zum Reinigen der Gräben leisten mußten.

Diese Burg wurde fester und aufwändiger gebaut als die kleine am Dorf.
Dafür wurden Ziegel gebrannt, vielleicht schon an Ort und Stelle in einer Ziegelei in Vorwerk. Mit diesen Ziegeln mauerte man auch die Außen- und Innenmauern des Wohnturmes. Er ist jetzt noch ungefähr 16 Meter hoch. Seine Ziegelmauern sind 2 Meter dick. Es gab vier Etagen.

Vor 350 Jahren wurde die Burg von durchziehenden Kriegern in den Nachwirren eines sehr langen Krieges gebrandschatzt.
Ruinenreste wurden danach in die Gräben geschoben.
Allerdings war die Schutzwirkung der Burg schon früher, bald nach ihrer Fertigstellung, schon weniger wirksam. Inzwischen waren nämlich Feuerwaffen erfunden worden.

Noch vor 100 Jahren hatte der Turm ein notdürftiges Dach. In den vier Etagen war ein kleines Museum eingerichtet. Dort waren auch eine Ritterrüstung und ein Richtschwert ausgestellt.
Leider hatten die Bewohner der Burg vor langer Zeit in die dicken Mauern Gänge geschlagen um in einen Anbau einer Treppe zu gelangen. Vielleicht war der Anbau auch nachträglich angebaut worden. Jedenfalls wurden die Mauern dadurch instabil.
Híer sind vorhandene Reste der Anlage in einem alten Grundriss zu sehen:

Diese untere Zeichnung ist vielleicht hundert Jahre alt:

Nach dem letzten Krieg im vergangenen Jahrhundert, wurde das winzige Museum ausgeraubt. Danach wurde auch noch das Dach demontiert. So geschwächt, brach der Turm irgendwann auseinander.

Auch wenn es schwer fällt, solltet ihr die Anlage nicht betreten, weil ihr von Steinen erschlagen werden könntet. Hier seht ihr den Turm von oben.

Es gibt an dem Fluß Trebel, zwischen Mecklenburg und Pommern fast den gleichen Turm einer anderen Grenzburg, dessen Mauern man nicht so geschädigt hatte. Er steht dort auch ohne Dach noch ziemlich stabil.

Vor 40 Jahren hatte ein Altertumsforscher die Genehmigung, hier im Burggraben zu forschen. Er fand dort etliche Gegenstände oder Reste von ihnen, wie zum Beispiel Kämme aus Horn, Würfelspiele, eine Taschen-Sonnenuhr aus Elfenbein aus dem 14.Jh. aus Italien.

Hier sind Zeichnungen von Kämmen aus Horn zu sehen. Archäologen lassen Zeichnungen von ihren Fundstücken machen, weil darauf meist mehr wichtige Einzelheiten zu sehen sind, als auf Fotografien. Bei dem Kamm haut das nicvht so ganz hin.

Fund (1980er Jahre): Kamm, Horn, Foto: Archiv S. Weckwerth

Hier sind Teile vom Zaumzeug für Pferde zu sehen. Sie gehörten zu einer einstmals prächtigen Rüstung. Das konnte man an winzigen Silberresten erkennen. Es könnte sein, dass hier an der Burg also auch Ritterturniere stattgefunden haben.

Als vor 30 Jahren bei Baggerarbeiten vor der Anlage im feuchten Boden die Konstruktion einer hölzernen Brücke  gefunden wurde, war die Aufregung groß. Vor 170 Jahren gab es nämlich eine Vermutung, dort hätte als Vorgängerbau früher schon eine alte slawische Burg gestanden. Da konnten die Hölzer Gewissheit bringen. Durch genaue Untersuchung des Holzes kann man nämlich feststellen, wann diese Bäume gewachsen waren.

Es stellte sich heraus, dass die Bohlen der Brücke aus der Bauzeit der Burg war, also 700 Jahre alt. Reste einer slawischen Burg aber fand man nicht. Diese sind auf solchen Fundplätzen an anderen Orten aber sehr zahlreich. Diese Rund-Burgen waren auch ganz anders aufgebaut, wie ihr in Groß- Raden bei Sternberg gut sehen könnt:

 

Die Landwehr

Eine solche Burg wie in Stuer konnte nicht allein zum Schutz einer einzigen Familie entstehen. Ebenso wie die frühere Kette der kleineren Turmhügelburgen mit ihren Dörfern und Ansiedlungen hatte sie auch Bedeutung für das ganze Land. Das setzte sich damals allerdings noch aus verschiedenen kleinen Herrschaften zusammen. Die Burg war zeitweise auch vertraglich zugesicherter Schutz für Herzöge und Kirchenfürsten. Sie konnten also dorthin flüchten, wenn sie Übernachtung oder sogar Schutz brauchten.
Weil es aus dem Süden, aus Brandenburg nur eine schmale Stelle gab, um von dort ohne große Umstände und mit trockenen Füßen in Richtung Malchow und Waren zu gelangen, nämlich zwischen Stuer und Darze, wurde genau dort eine Landwehr gebaut. Wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Burgenbau. Die Erdwälle waren sicher nur ein Hindernis für Reiterei und Viehdiebstahl. Der Durchgang hatte zeitweilig einen bewachten Schlagbaum.

Hier seht ihr von links oben nach rechts unten diesen alten Wall aus der Vogelperspektive.
Diese Anlage wurde später dann durch den Straßenbau zerschnitten und läuft schräg auf Darze zu. Ihr könnt sie aber leicht finden. Ab dort wirkte dann als Hindernis in Richtung Röbel das Quellgebiet der Elde, das damals ein ausuferndes Sumpfgebiet war. Auf der anderen Seite, nach Westen, gab es als Wasserlauf den Gehlsbach. Ein Übergang war bei Twietfort. Das  heißt schmale Furt .

So sieht ein mooriges unregulierte Gebiet vor der Kanalisierung eines Wasserlaufes aus. Sicher war er schwer zu überwinden.

So sehen wir die „Alte Verschanzung“ heute.

Aufgeschrieben im Juli 2017

Quellen:                                                                                                                       Turmhügel Lütjenburg/ Burgsimulation: Scheuermann/ Grundriss: Schlie 1902/ galeriegrossraden2012/ googleearth,